Ich dachte erst, dass es das nach dem Theater war. Das passte in meine Vorstellung sehr gut rein: Abby verschont Ellie und damit endet das Spiel. Ellie lebt friendlich weiter und gut. Genau das hätte mir nämlich kein bisschen gefallen, weil es mir die tolle, liebe Abby noch mehr aufgezwungen hätte. Allerdings hat es das Spiel am Ende dann doch geschafft, Sympathien für Abby in mir zu wecken. Es hat nur ewig lange gedauert. Erst als Tommy ankam und sagte, man müsse das Beenden und so weiter dachte ich mir: Jetzt lasst es halt mal gut sein. Ich war auch echt angenervt, als Ellie Dina und den kleinen JJ einfach hinter sich gelassen hat, um Abby zur Strecke zu bringen.
Allerdings kann ich das rückwirkend irgendwie verstehen. Ihr letztes Gespräch mit Joel war echt heftig und traf mitten ins Herz. Nach dem ganzen Scheiß Joel da nochmal friedlich sitzen zu sehen, Tränen in den Augen beim Gespräch, gebrochene Stimme. Heftig. Ich bekam das Gefühl, zu verstehen, wieso Ellie nochmal los ist. Sie wollte mit Joel quasi nochmal neu anfangen, die beiden waren gerade dabei wieder zueinander zu finden, als Abby ihn ihr entrissen hat. Und wahrscheinlich ist sogar das der Grund, wieso sie Abby am Ende dann doch verschont hat. Sie hat auch irgendwann angefangen zu verzeihen, es war wohl an der Zeit. Wobei ich diesem Spiel auch den Tod Abbys zugetraut hätte. Alleine die ganzen Kämpfe der Beiden waren heftig inszeniert. Auch wenn ich nicht weiß, wie jemand so viele Verletzungen quasi unbeschadet überleben kann...
Am Ende ist es kein perfektes Spiel und wie schon geschrieben wäre es besser gewesen, die Bindung zu Abbys Leuten früher aufzubauen, bevor man sie umbringt. Das hätte das Spiel noch viel intensiver gemacht. Auch das Pacing war nicht immer gelungen. Während man mit Ellie am Anfang auch viel Leerlauf hatte, ging es bei Abby Schlag auf Schlag und ab dem Theater ist man wirklich Richtung Ende gerannt. Ich finde, dass man diesen ganzen Strang mit den Rattlern durchaus noch etwas besser hätte ausbauen können. Dafür hätte man die Areale ruhig etwas kleiner gestalten können, so wie in Teil 1. Vor allem der erste Tag Seattle, wo man die Stadt erkunden, war zwar nett zu spielen. Rückblickend aber auch nicht notwendig. Solche Sachen hat man anschließend durch Vorsprünge auch immer umgangen. Sowas steht Last Of Us in meinen Augen nicht, ich hätte es nicht gebraucht. Natürlich hätte man das nicht machen müssen, aber man wusste es als Spieler nicht und die Ressourcen brauchte man auch.
Aber dazu habe ich schon sehr viel geschrieben hier. Das sind meine größten Kritikpunkte. Die Handlung war für mich nicht immer sauber aufgebaut und die Areale teils schon zu groß. Gerade die Bindung zu Abby und ihren Leuten war so ein Problem. Auch wenn es bei mir am Ende noch geklappt hat, war die Zeit davor schon spannend, aber nicht so intensiv, was das Erlebnis anging. Ich fühlte mich nicht mehr wie bei Last of Us, wo ich in jeder Sequenz Sorge um meine Charaktere hatte, sondern wie ein Aussenstehender, der irgendwem hilft, durch das Spiel zu kommen. Das war schade. Das kann einem ein zweiter Durchlauf auch nicht geben, da man jetzt weiß, was passiert, auch wenn die Sympathie für Abby jetzt natürlich etwas größer ist. Bzw. die Bindung. Wenn ich nochmal sehe, wie sie Joel tötet, dann hasse ich sie eh wieder.
Richtig stark waren Inszenierung, Atmosphäre und Animationen. Junge, mache Sequenzen waren, als würde ich direkt einen Film spielen. So krass, wie viele Details ND untergebracht haben. Technisch ist das wirklich ein grandioses Spiel. Und vor allem: Ich hatte kaum Ruckler. Wie kann das sein? Ich habe meine PS4 quasi direkt nach Release gekauft, keine Pro oder so. Und das Spiel lief flüssig, obwohl die Grafik echt krass ist. Zugegeben, ich hatte mehr als einmal Angst, dass die PS4 gleich den Hitzetod stirbt, aber sie hat es durchgehalten. Einmal lange Ladezeit, danach quasi gar kein Laden mehr. Respekt. Und so überlaut war die PS4 jetzt auch nicht. Ich bin schwer begeistert.
Sogar die Synchronsprecher waren okay. Nicht immer on-point, aber auch keine Totalausfälle. Hier und da waren die Reaktionen der Gegner mal... merkwürdig, aber das ist okay. Bei so einem dynamischen Kampfsystem kann ich nicht erwarten, dass da die Synchro immer passt. Generell war die KI viel besser als Teil 1, aber noch lange nicht gut. Vor allem die Rattler am Ende, da fiel mir das besonders stark auf. Ich habe alle 20 oder 30 Stück an dieselbe Stelle gelockt und abgeknallt, angezündet, weggebombt. da lag am Ende nur noch ein riesiger Haufen Gegner. Ich habe auf normal gespielt und fand die Gegner wirklich nicht helle. Die haben sich teilweise wie Clicker verhalten, welche ebenfalls leicht zu kontrollieren sind.
Es gab aber sehr viele höchst atmosphärische Kämpfe und Stellen. Mit Ellie vor allem der Tunnel, wo man die Gegner aufeinander gehetzt hat. Das war so krass. Die Lichtstimmung, die Schreie, die Geräusche der Infizierten, Schüsse... wow.
Mit Abby gab es sogar noch viel mehr solcher Parts, weil ihr Part sich stellenweise auch mehr nach Uncharted angefühlt hat. Was aber auch nicht so schlimm ist, finde ich, da sich beide Charaktere dadurch auch unterschiedlich gespielt haben. Das Hotel mit Abby war richtig krass. Bah, die Infizierten in der Wand... die immer zum genau falschen Zeitpunkt rausgesprungen kamen. Richtig heftig. Oder das Krankenhaus, wo eigentlich nichts passiert, bis der Ratking kommt... Das brennende Haven war auch richtig mies. Da gab es schon sehr viele Highlights, was das angeht.
Was kann ich noch sagen? Der Soundtrack ist bombastisch. Wenn man in der Deckung hängt und man hört überall um einen rum die Clicker schreien und stöhnen... Oder die wohl akzentuierte Gitarrenmusik... stark. Richtig gut.
Ich glaube, ich kann sogar ein paar Höhepunkte von mir sagen:
Emotional: Joels Tod und die letzte Sequenz zwischen ihm und Ellie
Atmosphärisch: Tunnel bei Ellie und Hotel bei Abby
Kampf: Ratking und generell Abbys Tag 2
Herzerwärmend: Ellies Geburtstag mit Joel
Jetzt fällt mir auch langsam nichts mehr ein. Ich habe die letzten Tage schon viel geschrieben.
Letztendlich bin ich froh, dass mich kein einziger Spoiler erreicht hat und ich das Spiel völlig unvoreingenommen spielen konnte.
Alle, die sich haben spoilern lassen, sind dumm und ich kann sogar verstehen, wieso sie 1/10 gegeben haben. Weil sie selbst sauer auf sich sind, diese Spielerfahrung verloren zu haben.
Last of Us 2 ist eines der unbequemsten, aber auch mutigsten Spiele, die ich je gespielt habe. Nicht nur einmal saß ich da und wollte gar nicht weiterspielen.
Ich wollte Abby nicht spielen, vor allem wollte ich als Abby nicht gegen Ellie kämpfen!! Ich wollte die schwangere Mel nicht töten und ich wollte mit Ellie auch nicht Dina verlassen.
Es gibt so vieles, was ich nicht wollte, aber tun musste. Genau da setzt das Spiel ja auch an. Sehr spannend.
Wie genau man jetzt darauf kommt, ein ganzes Spiel darauf zu beziehen, dass Abby Muskeln hat, Lev transgender ist oder ein alter Sack einen Lesbenspruch ablässt... keine Ahnung.
Wer das Spiel darauf reduziert, der hat das Spiel nicht verstanden und nur etwas gesucht, was er kritisieren kann. Diese Aspekte sind so nebensächlich, dass sie eigentlich kaum ins Gewicht fallen.
Zumal man zwei der drei Dinge logisch erklären kann. Abby, bei Söldnern, immer im Kampf, von Wut und Rachegelüsten zerfressen ist nur noch am Trainieren, um irgendwann ihr Ziel zu verfolgen, Joel zu töten.
Wenn man sonst nichts macht und nur kämpft und trainiert, jahrelang, dann sieht man eben so aus. Und?
Jackson, ländliches Leben, friedlich, Seth, aussehend wie ein alter Farmer, Amerika, jemand, der die Zeit vor Ausbruch miterlebt hat... Ist das ungewöhnlich, dass er homophob ist? Wenn man drüber nachdenkt, nein.
Lev fand ich auch etwas konstruiert und es hätte nicht sein müssen. Aber mein Gott, deswegen ziehe ich dem Spiel keine 7 Punkte ab... Das ist eine Randnotiz für mich, die zwar maßgeblichen Einfluss auf Abbys, Levs und Yaras Leben hat, aber ich habe das nicht groß hinterfragt. Es war so, es war okay so. Fertig.
Lächerlicher Kritikpunkt...
Insgesamt ist das Spiel trotz Schwächen und Problemen eine 9/10. Das Ende war hoch emotional und das Spiel hat vieles sehr gut gemacht. Technisch und atmosphärisch habe ich eh kaum was zu meckern.
Die Story und Erzählweise hat hier und da ihre Schwächen. Mit manchen Sachen bin ich wenig bis gar nicht zufrieden, andere Sachen haben mich dafür richtig gepackt.
Alles in allem hat es sehr viel "Spaß" gemacht, auch wenn das Spiel extrem bedrückend ist. Ich bereue nicht, dass ich es gespielt habe und bin froh, dass ND einen würdigen Nachfolger geschaffen haben.
Der lässt sich übrigens nicht wirklich mit Teil 1 vergleichen. Da war klar, zu wem man hält und auf wessen Seite man ist. Hier verschwimmen alle Linien, es gibt nur noch grau, kein gut, kein böse. Einfach nur Grauzone.
Und das macht das Spiel so intensiv, unberechenbar und unangenehm. Großes Kompliment an ND. Den Shitstorm haben sie jedenfalls nicht verdient. Es ist ein tolles Spiel geworden.
Hater haten. Aber Spieler mit Herz und Hirn kommen nicht umhin anzuerkennen, dass es eines der besseren Spiele dieser Generation ist.
Schon lustig, wie hier das wahre Gesicht von Riri an den Tag tritt und ich daneben dann plötzlich doch gar nicht mehr so schlimm aussehe... ...
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