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Krankfried
Timoschenko und die EM
Die Medienlandschaft ist wieder einmal ausgehungert, da hat der deutsche Presseapparat wieder eine gleichgeschaltete Mär vorzubringen: Der böse Janukowitsch, die arme Jeanne D'arc-artige Märtyrerin Timoschenko, die nach ihrer angeblichen Folter besser aussieht als ich, wenn ich vom Apfelbaum falle, und die ritterlichen deutschen Politiker, welche mit ihrem Fernbleiben von der EM den Menschenrechten auf die Sprünge helfen (und nebenbei auch noch Timoschenkos politische Partei stützen). Ganz so ist es selbstverständlich nicht: Sämtliche Informationen über den angeblich so schlechten Gesundheitszustand von Prinzessin Leia kommen aus familiärem oder advokativem Umfeld. Die arme, seit letztem Jahr völlig grundlos eingebunkerte Timoschenko, deren Fall im Übrigen nicht nur in der Ukraine sondern auch von einem unabhängigen New Yorker Gutachten beobachtet wird, hat sich Amtsmissbrauch, Geldwäsche, ein unvorteilhaftes Gaslieferabkommen mit Onkel Vladi und angeblich sogar einen Auftragsmord zu Schulden kommen lassen. Die desolate Menschenrechtslage aus einem Bericht von Amnesty International wird von den Medien herangezogen, ohne zu erwähnen, dass dieser Bericht ins Jahr 2009 und damit in Timoschenkos Regierungszeit fällt. Und ohne, dass es auffällt, wirken die Berichte eher kontraproduktiv - Janukowitsch würde seine Konkurrentin niemals an Deutschland - welches die ukrainische Gerichtsbarkeit öffentlich anzweifelt - ausliefern. Und der Kompromiss, sie irgendwie ausweisen zu lassen und ihre Konten kaltzustellen, wird jetzt noch unwahrscheinlicher - die aktuelle Regierung würde ihr Gesicht verlieren.
Wieder ein eindrucksvoller Fall davon, wie die Medien uns beeinflussen, was? Die Türkei, welche als einziger Bewerber für die EM 2020 dasteht, nimmt keiner unter die Lupe - kurdische Bartmänner, bei denen man im Hinterkopf hat, dass sie gleich explodieren, eignen sich eben nicht so gut als Aushängeschild wie dieses blonde Gift samt ihrer in die Kamera heulenden Familie. Und schwarz-gelb verzichtet einig wie selten auf den EM-Besuch. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Was denkt ihr dazu?
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Der Schmied von Kochel
AW: Timoschenko und die EM
Just vergangenes Wochenende traf ich eine Ukrainerin und wir sprachen über dieses Thema. Ihr Standpunkt war irgendwie neutral zu dem Thema, aber eines verstand sie nicht. Die Scheinheiligkeit einerseits ein Sportevent zu boykottieren und im Hintergrund wirtschaftliche Interessen weiter zu betreiben, ohne Einschränkungen. Den Vergleich den sie zog, bezog sich die olympischen Spiele in China vor 4 Jahren. Ein Boykott solcher Events hilft niemanden, solche Dinge sind für den normalen Bürger gedacht. Im Gegenteil fördert es die intl. Isolation in Alltagsdingen, was sich negativ auf die Meinungsbildung der Bürger auswirkt, die einzigen die wirklich etwas bewirken können (als Masse).
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Nicoletta
AW: Timoschenko und die EM
Es gibt in keinem anderen Land einen solchen Hype wie hier. Ich war diese Woche in England und Portugal - dort ist diese Story eine Randnotiz in den internationalen Zeitungene. Ich denke, es wird gar nichts bringen sich aufzuregen oder billigen politischen Populismus als "internationalen Druck" darzustellen. Die Diskussion hier in D ist eher Indiz dafür, das unsere Politik im Gutmenschentum verfangen ist. Nicht wenige Ukrainer leben hier - nur deswegen wird dies hier thematisiert und nur deswegen steht die Politik - es sind ja gerade Stimmen abzugreifen - auf der Matte und tut bekümmert. Das Verfahren selbst hat hier kaum einen wirklich interessiert...
Angedacht ist heute noch eine Auswertung. Bermudas86 arbeitet aber auch viel am WE in der Gastronomie. Da wird es auch mal später oder auch erst...
Zockerspiel CXXXVII