Thema: Kaudergate

Siegfried Kauder ist Rechtsexperte. Bei der CDU. Im Bundestag. Das sind viele.
Herr Kauder ist aber nicht irgend ein Rechtsexperte, sondern der Vorsitzende des Rechtsausschusses, also quasi der alleroberste Rechtsexperte.

Siegfried Kauder hat ein Problem mit dem Koalitionsvertrag (CDU/FDP). In dem steht drin, dass die Koalition keine Netzsperren bei Urheberrechtsverletzungen einführen wird. So, wie das Frankreich bereits durchexerziert.

Nun hat sich aber der gute Siegfried in den Kopf gesetzt, im Alleingang mal eben die Netzsperren einzuführen. Auf einer Lobbyveranstaltung hat er angekündigt, innerhalb weniger Wochen einen Gesetzesvorschlag für ein Two-Strikes-Modell (mittlerweile Three-Strikes) vorzulegen. Inhalt: Wer zwei Mal das Urheberrecht verletzt, der bekommt das Internet gekappt.

Dummerweise musste er sich jetzt von einem Blogger dabei erwischen lassen, dass er selbst auf seiner eigenen Website Bilder verwendet, an denen er keine Nutzungsrechte besaß. Wie es sich für einen richtigen CDU-Politiker gehört, konnte er natürlich nicht den Mund halten, sondern musste noch einen draufsetzen. Statt klein beizugeben, entfernte er flugs die Anzeige der Bilder aus seiner Website (die Grafikdateien sind noch Tage danach physikalisch auf dem Server vorhanden). Dann gab er noch ein denkwürdiges Interview, in dem er ausführte, "dass die Urheberrechte an den beiden Fotos inzwischen mir zustehen. Dies als Warnhinweis für eine eventuelle Absicht, die Fotos im Rahmen ihrer Berichterstattung anderweitig verwenden zu wollen."

Dummerweise kann man in Deutschland kein Urheberrecht erwerben, sondern nur Nutzungsrechte. Das Urheberrecht besitzt immer derjenige, der das Bild gemacht hat.

Und so macht sich zur Zeit das halbe Web über Herrn Kauder und sein merkwürdiges Rechtsverständnis lustig und fragt sich, ob Herr Kauder überhaupt schon jemals im Internet war. Die andere hälfte des Web beklagt still und leise das mangelnde Rechtsverständnis unseres obersten Rechtsexperten.

Quellen zum Weiterlesen:
Heise
Piratig

Naja, ich halte das zum Teil für einen geschickten politischen Schachzug, schließlich spielt man damit den Piraten in die Arme;
aber von wem kommen die Stimmen, die den Piraten zugespielt werde? Ich denke nicht, dass viele CDU-Wähler dieses Vorkommnis als Reibungspunkt sehen und ihre Stimmenvergabe überdenken;
vielmehr wird die technologisch aufgeschlossen und datenrechtlich liberale Klientel eher in den Reihen der SPD/Grünen zu finden sein.
Somit erhofft sich die CDU durch den an sich schon hirnrissigen Vorschlag als auch dem Quatsch der jetzt nachgefolgt ist doch insbesondere
den prozentualen Stimmenanteil der direkten politischen Kontrahenten zu schmälern.