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03.10.2023, 00:07 #1Sleeping Dragon
Die deutsche Einheit: Wie geeint ist Deutschland wirklich?
Die Nachkriegsgeschichte von West- und Ostdeutschland könnte kaum unterschiedlicher gewesen sein. Während der Westen nach amerikanischem Vorbild vorwiegend kapitalistisch agierte, wurde der Osten unter dem Einfluss der Sowjetunion sozialistisch geführt. Neben einem ganz anderen infrastrukturellem Aufbau wurden den Menschen völlig unterschiedliche Werte vermittelt und so wuchsen im Osten mehrere Generationen von Menschen im rund 50jährigen Bestehen der DDR mit einem ganz anderen Weltbild auf als dies im Westen der Fall war. Politische Unterdrückung, Misswirtschaft und das Ende der Sowjetunion ebneten letztlich den Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990. Die nun auf einen Schlag stark gewachsene Bundesrepublik stand nun vor der großen Aufgabe die neuen Bundesländer in die bestehende Struktur zu integrieren.
Dies sollte ein schwieriges Unterfangen werden, da viele Bewohner Ostdeutschlands aufgrund ihrer misslichen wirtschaftlichen Situation ihr Glück im Westen suchten und die Angleichung der Lebensstandards in den Ostgebieten sehr kostspielig war. Hierzu wurde unter anderem von allen Bürgern der Solidaritätszuschlag erhoben und dieser existiert bis heute, wobei er seit 2021 nur noch für besonders einkommensstarke Personen anfällt. 1998 wurde zudem ein eigenes Ministeramt für einen Ostbeauftragten geschaffen, der formale eine gleichwertige Stellung hat wie alle anderen Bundesminister und sich um die Belange der neuen Bundesländer kümmern sollte.
Trotz all dieser Bemühungen scheint die Angleichung von West und Ost bis heute nur bedingt gelungen zu sein. Noch immer sind die östlichen Bundesländer strukturschwächer und bevölkerungsärmer. Auch die politische Einstellung der Menschen dort bleibt bis heute anders als in vielen westlichen Bundesländern. So sind beispielsweise die Linke und die AfD dort überdurchschnittlich beliebt, wohingegen die Akzeptanz der Grünen dort besonders gering ist. Auch der aktuelle militärische Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, in dem der Westen die Ukraine unterstützt, hat für schlechte Stimmung in Teilen der ostdeutschen Bevölkerung gesorgt, die sich noch immer Russland verbunden fühlt.
Wie empfindet ihr den aktuellen Stand der Wiedervereinigung Deutschlands? Denkt ihr noch in "Ost"- und "West"-Kategorien? Wie empfindet ihr das Leben im Osten und wie ist eure Sicht auf den Westen? Wie nehmt ihr im Westen die östlichen Bundesländer wahr? Welche Maßnahmen könnten ergriffen werden um die Einigkeit in der Bevölkerung zu stärken? Wird dies jemals vollständig möglich sein? Oder haltet ihr die Wiedervereinigung sogar für einen großen Fehler, da sich beide Regionen über 50 Jahre hinweg zu sehr voneinander entfernt haben?
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Die deutsche Einheit: Wie geeint ist Deutschland wirklich?
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03.10.2023, 00:40 #2vieraeugigerZyklop
Die deutsche Einheit: Wie geeint ist Deutschland wirklich?
Also im persönlichen Umfeld nehme ich davon nichts war. Mag daran liegen das ich natürlich bis auf eine Handvoll Leute, wenn überhaupt, von Ossis umgeben bin. Zumindest wählt nur einer mit dem ich sehr losen Kontakt habe die AfD.
Aber in meinem Kopf existiert keine Mauer. Klar hat man diese eher humorvolleren Klischees im Kopf, wie mit der korrekten Uhrzeit oder sowas, sind aber nie ernst gemeint. Ich habe bzw hatte zwei "Wessi" Azubis und da waren keine Unterschiede. Mittlerweile sollte auch eher bei den Jüngeren die Mauer im Kopf weg sein solange es nicht von den Eltern weitergetragen wird.
Das Einzige was ich mal bedingt erlebt habe war in Meschede, wo ich beruflich mal war, das die Muslimen unter den Kollegen dort Vorbehalte hatten weil Osten und AfD und sowas ( wo man wieder merkt wer die tatsächlichen Spalter sind) aber wir kamen natürlich dann super miteinander aus.
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03.10.2023, 01:01 #3Yieva
Die deutsche Einheit: Wie geeint ist Deutschland wirklich?
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03.10.2023, 15:00 #4Xastor
Die deutsche Einheit: Wie geeint ist Deutschland wirklich?
Soll ich ehrlich sein? Die Antwort wäre von meiner Seite aus: Kastastrophal, um es milde auszudrücken.
Ich kann natürlich nicht sagen, wie es vor (oder direkt nach) dem Mauerfall die Zustände gewesen waren, weil ich zu der Zeit noch nicht lebendig war, aber von den Erzählungen diverser Verwandten war es gesellschaftlich damals "besser" gewesen. Sozialer um genau zu sein.
Wenn man es heute nach ü30 Jahren mal so das Umfeld betrachtet, dann kann man öfters mal an den Kopf fassen. Natürlich kann und will ich keine Jahresvergleiche machen, aber die Gesellschaft und insbesondere Politik hat seit dem Mauerfall stark nachgelassen. Es ist heutzutage imo noch chaotischer als zu meiner Kindheit (sprich 90er Jahre) geworden.
Das war schon immer ein gängiges Problem. Und es hat sich auch nicht geändert. Im Gegenteil. Da spielt auch wieder die verrückte Politik mit. Bestes Beispiel ist "Verteilung von Rentengeld". Warum man es zwichen West und Ost so anders verteilt (damit meine ich die Prozente) ist mir auch nicht ganz klar. Auch verstehe ich nicht, warum man bei jedem Bundesland anders das System "aufgebaut" hat, ist mir schleierhaft.
Siehe oben. Es ist aus meiner Sicht schon sehr bedrückend, wenn schon innerhalb Deutschland ständig ein Machtkampf ausgetragen wird. Es ist fast so, als stecken wir immer noch im kalten Krieg fest auch nachdem die Mauer gefallen war.
Das Problem ist hier, dass man (Politk) aus verschiedenen Perspektiven den anderen Bundesländer möglichst ein oder andere Weise Vorteile erschaffen möchte.
Einigkeit bedeutet gleichzeitig auch vereint zu sein. Und war Deutschland jemals vereint? Aus meiner Sicht: Nein. Fehler Nummer 1: Wir haben zuviele Bundesländer. Fehler Nummer 2: Jedes dieser Bundesländer hat eigene Regeln (und evtl Gesetze) Fehler Nummer 3: Deutschland ist (das ist nun meine Meinung und Sichtweise) stark amerikanisiert worden. Grundkonzept, Bundesländer, Regeln/Gesetze und vieles mehr wurde nach dem 2ten Weltkrieg oft nach dem amerikanischen Prinzip "entworfen". Fehler Nummer 4: Wir haben viel zu viele Bundestagsabgeordnete oder um einfacher auszudrücken, Politiker in unserem Land, wodurch keine klare/fixe Entscheidung entstehen können. Desweiteren gibt es dazu noch zu viele unterschiedliche Fraktionen. Fehler Nummer 5: Bundespräsidenten taugen nix, weil die nicht in der Lage sind für ihr eigenes Land fixe/klare "finale" Entscheidungen treffen können, weil siehe Fehler Nummer 4. Es gäbe noch viel mehr Fehler, aber ich gehe da nicht noch mehr drauf ein.
Was folgt also daraus? Anstatt Deutschland wie gewohnt durch Bundesländer zu teilen hätte man leicht reduzieren können oder gleich komplett nur 1 Bundesland (also quasi NUR Deutschland in dem Sinne). Die Bevölkerung sind durch das ewige Hin und Her von den Politikern auch mal hin und wieder verunsichert. Daher ist es auch notwendig die Anzahl korrupter Politiker zu reduzieren.
Es kann möglich sein, aber dazu müsste grundlegend so ALLES umgekrempelt werden und das wird nur möglich sein, wenn die Politiker aufhören Spiele zu betreiben und auch das Volk zu Wort kommen lassen.
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03.10.2023, 21:03 #5Jonny Knox
Die deutsche Einheit: Wie geeint ist Deutschland wirklich?
Außerdem war natürlich alles "sozial", weil es "asozial" ja per Staatsräson schon Mal gar nicht geben durfte.
Der vermeintliche Höhe soziale Zusammenhalt wird allerdings auch durch eine Sache mit einem Schlagschatten versehen, die man mMn bei der Betrachtung nicht außen vor lassen darf: die Stasi. Viele vermeintliche Freunde haben sich nach Ende der DDR und Öffnung der Stasiakten als IMs herausgestellt, die Informationen über Freunde und Familie entweder willentlich oder auf Druck an die Stasi weitergegeben haben. Im Endeffekt war davor niemand in der DDR sicher. Das wird gern Mal vergessen, wenn man davon spricht, dass die Gesellschaft ja "sozialer" gewesen ist. Dass der Freund, nämlich immer gleichzeitig der Spion sein konnte, wegen dem man einen Studienplatz oder eine Jobversetzung nicht bekommen hat. Oder wegen dem man im Knast gelandet ist.
Was genau meinst du und was verstehst du daran nicht?
Seit Juli dieses Jahres ist jedes Arbeitsjahr auch aus der ehemaligen DDR genauso viel "wert", wie eines aus der BRD. D.h. bei einer sehr ähnlichen Erwerbsbiografie bekommt jemand, der sein Leben lang "in Osten" gearbeitet hat genauso viel Rente wie jemand, der dies "im Westen" getan hat.
Grundsätzliche Unterschiede im Rentensystem gibt es zwischen den Bundesländern eigentlich nicht, da die Rente in Bundeshoheit liegt.
Aber vllt meinst du ja auch was anderes und ich habe es nur noch nicht verstanden, was genau. ^^
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07.10.2023, 20:09 #6Sleeping Dragon
Die deutsche Einheit: Wie geeint ist Deutschland wirklich?
Persönlich habe ehrlich gesagt überhaupt keine Berührung mit dem Ost-West-Gefälle und weiß davon nur aus Schule/Studium und den Nachrichten. Von daher gibt es meinerseits auch überhaupt keine Vorurteile gegenüber Menschen aus Ostgebieten. Bei der teils negativen Berichterstattung über die Menschen aus dem Osten gilt meine Kritik meist vor allem der Berichterstattung, die selten Ursachenforschung betreibt.
Nach meinem Kenntnisstand liegt das Problem aus Sicht der Ostdeutschen vor allem darin, dass sie selbst kaum Eigentum haben. Viele Gebäude und sonstige Wertgegenstände sind nach der Wiedervereinigung für Spottpreise das Eigentum westdeutscher Unternehmer geworden und werden jetzt in diesen Familien weitervererbt. Das Geld, das ostdeutsche Bürger z.B. als Miete überweisen, fließt also in den Westen ab und wird vorwiegend dort reinvestiert, anstatt vor Ort.
Trotz aller Kritik am Stand der Wiedervereinigung habe ich jedoch noch nie gehört, dass man den Vorgang selbst für einen Fehler hält oder sich wünschte es wäre nie geschehen. Ist es denn wirklich so selbstverständlich? Sicherlich ist die Aufrechterhaltung der DDR kein guter Gedanke, aber es wäre doch auch eine Option gewesen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion einen eigenen demokratischen Nachfolgestaat in den Gebieten der ehemaligen DDR zu etablieren, der dann von der BRD und womöglich weiteren westlichen Staaten unterstützt worden wäre. Aktuell habe ich das Gefühl, dass die BRD und ihre Bürger viel Geld in den Aufbau der Ostgebiete investiert haben, aber das gewünschte Ergebnis damit nicht erreicht wurde. Profitiert haben also nur einige wenige Individuen, die dadurch ihren persönlichen Reichtum mehren konnten. Und auch die Ostdeutschen sind ja nicht zufrieden mit dem aktuellen Zustand ihrer Heimat - ohne die Wiedervereinigung wären ihre Errungenschaften aber noch in ihrem Besitz und nicht an Westdeutschland gegangen. Vielleicht würde es beiden Staaten heute wirtschaftlich besser gehen, wenn man damals diese Lösung anstatt der Wiedervereinigung gewählt hätte.
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