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Thema: Das Terrordilemma
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23.10.2016, 13:15 #41TrueValue
AW: Das Terrordilemma
Jeder humanitäre Mensch, der klar denken kann hätte diesen Abschuss veranlasst. Das man den Piloten daraufhin schuldig sprechen muss ist laut Gesetz klar, aber eigentlich lächerlich. Aber wir Deutschen brauchen eben immer Recht und Ordnung :>. Eine Strafe dürfte es aber auf keinen Fall geben. Wer den Mut hat in solch einer schwierigen Situation eine solch kluge und wohlüberlegte Entscheidung zu treffen sollte eigentlich belohnt werden.
Mir geht es nicht in den Kopf hinein, dass manche User hier lieber 70.000 Menschen mehr sterben lassen würden, hauptsache sie sind gesetzeskonform. Manchmal muss man eben das Gesetz auch mal vergessen.
Stellt euch mal vor, eure Mutter, eure Freundin oder wer auch sonst würde in dem Stadion sitzen. Seid ihr dann immer noch gegen den Abschuss? Würdet ihr immer noch sagen: "Geht klar, hauptsache die Personen im Flugzeug leben 20s länger"?
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23.10.2016, 13:44 #42frable
AW: Das Terrordilemma
Du hast meinen Beitrag scheinbar nicht oder nicht aufmerksam gelesen. Ich habe doch nichts anderes gesagt. Bevor ich jetzt alles nochmal erzähle zitiere mich einfach selber:
Abgesehen davon, dass der Pilot als Mensch richtig gehandelt hat, bleibe ich ansonsten auf der Seite des BVerfG. Aber dazu habe ich bereits alles geschrieben.
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23.10.2016, 13:46 #43TrueValue
AW: Das Terrordilemma
@frable : Der Beitrag war nicht gegen dich gerichtet, sondern allgemein gestellt. Das Zitat habe ich nur genommen, weil eine Aussage wie diese die Sichtweise einiger Leute widerspiegelt. Das war vielleicht etwas missverständlich . Deinen Beitrag habe ich natürlich gelesen und verstanden und ich stimme dir auch zu.
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23.10.2016, 13:48 #44frable
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23.10.2016, 14:03 #45Max @ home
AW: Das Terrordilemma
Der Unterschied zwischen dem Trolley-Problem und dem Terrordilemma ist für mich eben…
• dass beim Trolley-Problem weniger Menschen gestorben wären, die aber ansonsten weitergelebt hätten.
• dass beim Terrordilemma Leute umkommen mussten, die zu 95% (man verzeihe mir die aus der Luft gegriffene Prozentzahl) auch so fünf Minuten später umgekommen wären.
Das macht für mich den Unterschied, weshalb die Frage für mich beispielsweise offener ist, ob man bei einer Weichenstellung wirklich richtig handeln würde. Das ist für mich eben Abwägen, wo mein moralisches Dilemma beginnt.
Der Fall zeigt für mich, dass man eben hier nicht jeden Fall gleichbehandeln kann. Es war, sofern ich das richtig in Erinnerung habe, "fünf vor zwölf" - und dass es innerhalb des Flugzeugs einen Aufstand gab, war dem Piloten zu dem Zeitpunkt ebenfalls nicht bekannt. Nach seinem Kenntnisstand waren die Menschen quasi schon tot. Seine teils fragwürdigen Ansichten, die er bei seinen Aussagen offenbarte, fallen da nicht ins Gewicht.
Okay, er ist dem Gesetz nach dennoch straffällig geworden, dennoch hat er sich auch in meinen Augen aus seiner subjektiven Sicht richtig entschieden. Zwischen Wortklauberei und Definition erwische ich mich halt auch immer wieder bei der Frage, ob die Menschen im Stadion bei Nichthandlung nicht auch irgendwie zum Objekt geworden wären…
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23.10.2016, 15:00 #46Jonny Knox
AW: Das Terrordilemma
Es lassen sich, wie man in diesem Thread ja sieht, vortrefflich genug Gründe für beide Handlungen finden (abschießen oder escsein lassen), die nichts mit Egoismus tun haben. Die Frage, die sich stellt ist, welche Konsequenz man eher bereit ist zu tragen: die strafrechtliche oder die - möglicherweise - Gewissen plagende.
Und da strafrechtlich im Falle des Abschusses kaum eine relevante Konsequenz zu erwarten wäre (schuldig ja, Bestrafung eher nicht), könnte man sogar argumentieren, das eher der Abschuss die egoistischer Handlung wäre. ;-)
Oder gehst du davon aus, dass der Pilot sonderlich glücklich werden würde, wenn er das Flugzeug ins Stadion krachen lässt, nur weil er dann juristisch nichts zu befürchten hätte?
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23.10.2016, 15:11 #47HardAndSoft
AW: Das Terrordilemma
Dem widerspreche ich entschieden. Nicht jeder brächte es über sich, 250 unschuldige Menschen grausam zu ermorden.
Hierzu möchte ich etwas ausholen. Ich stamme noch aus einer Generation, in der der Wehrdienst zwangsweise zur Bürgerpflicht gehörte. Wer das nicht wollte, der durfte einen Ersatzdienst absolvieren, der (zu Abschreckungszwecken) etwa anderthalbmal so lang wie der Wehrdienst dauerte. Außerdem gab es eine schriftliche Gewissensprüfung, bei der man ganz genau begründen musste, warum der Dienst an der Waffe nicht in Frage kam. Ich selbst begründete auf 8 Seiten, warum ich als Pazifist nicht in der Lage bin, außerhalb einer persönlichen Notwehrsituation jemand anderen umzubringen.
Und genau das würde mich (und hoffentlich auch viele, humanistisch denkende andere davon abhalten, auf das Flugzeug zu schießen.
Man muss sich das einmal vorstellen: 250 Menschen, Männer, Frauen und Kinder. Und die sterben beileibe keinen einfachen Tod. So ein Geschoss reißt erst mal die Bordwand auf und lässt alles, was nicht gesichert bzw. angeschnallt ist, in die Tiefe. Die Menschen stürzen minutenlang in den Tod und hinterlassen hässliche rote Flecken auf dem Boden. Der Rest wird vielleicht von umherfliegenden Splittern getroffen, am Hals, im Auge, an allen Körperteilen, und beendet sein Leben unter größten Qualen. Wieder andere sind noch am Sitz festgeschnallt und starren fassungslos auf das Kampfflugzeug, bevor sie in den Flammen des ausgelaufenen Kerosins geröstet werden.
Es gibt keinen "sauberen, schmerzlosen Abschuss".
Wer von denjenigen, die die 250 Passagiere ermorden würde, würde dies auch tun, wenn er dazu jedem einzelnen ein Messer in die Brust rammen müsste? Der Grausamkeitsfaktor ist derselbe wie beim reinen Abschuss.
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23.10.2016, 15:15 #48frable
AW: Das Terrordilemma
Ich gehe sogar soweit und stelle es außer Frage das der Pilot rational richtig handelt, wenn er die Maschine abschießt. Schießt er sie nicht ab und lässt sie ins Stadion krachen, dann gibt es auf jeden Fall mehr tote. Das betrachte ich fast als indiskutabel; wobei ich den Menschen nicht verurteilen würde, wenn er nicht schießen würde. Nicht jeder kann das mit seinem Gewissen vereinbaren. Womit ich eben nur nicht konform gehen kann ist zum einen die Forderung nach einer gesetzlichen Weichenstellung und/oder die Forderung nach gar keinen Urteil. Besonders den rechtlichen Rahmen kann man nicht nur auf diesen Fall beziehen. Da mache ich einen ganz klaren Unterschied. Insgesamt wären die Folgen weitaus größer und das sollte man immer mit beachten .
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23.10.2016, 15:23 #49HardAndSoft
AW: Das Terrordilemma
Warum nicht? Was sollen Gesetze, wenn man sie in genau den Situationen, für die sie gemacht sind, nicht beachtet?
Die Menschenwürde ist gerade zur Verhinderung solcher Abwägungen ins Grundgesetz geschrieben worden.
Die Pro-Abschuss-Beiträge hier finden unisono: Der Zweck heiligt die Mittel.
Die Erschaffer des Grundgesetzes kamen gerade aus einer Zeit, in der der Zweck alle Mittel heiligte.
Daher wurde im Artikel 1 des Grundgesetzes die Menschenwürde festgeschrieben, um für ein und alle Mal klarzustellen, dass "der Zweck heiligt die Mittel" nicht in Bezug auf Menschen gelten kann. Der hier vorliegende Fall ist gerade der, für den Artikel 1 geschrieben wurde.
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23.10.2016, 16:21 #50frable
AW: Das Terrordilemma
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23.10.2016, 18:04 #51Cao Cao
AW: Das Terrordilemma
Das zeigt doch nur auf, das man sich mit dem Grundgesetz bei wirklich entscheidenden und notwendigen Punkten selbst blockiert.
Dieses Grundgesetz stellt diesem Fall eine Behinderung dar, nicht weil es verhindern soll das man unschuldige Menschen tötet, sondern weil man andere sterben lässt.
Dessen stimme ich vollkommen zu. Es ist wichtig die Gesetze zu achten, und auch einzuhalten. Allerdings nur wenn es Alternativen gibt. Gibt es keine Alternativen, haben wir ein Problem. Dann sollte man vielleicht wirklich daran arbeiten ein Flugzeug so zu konstruieren das man sie fernsteuern kann, und somit zumindest die Todesopfer nur auf die Innsassen zu beschränken, oder evtl. doch noch zu retten-
Ich finde im oben genannten Fall nur das Problem, das der Soldat entgegen des Befehls seiner Vorgesetzten gehandelt hat. Zumindest dafür sollte er geradestehen.
Für das abschießen des Flugzeuges sollte er natürlich auch verurteilt werden, allerdings unter Berücksichtung der Situation.
Das denke ich mal auch, allerdings scheint es hier kein Richtig oder falsch zu geben.
Kommt drauf an, mit was man das Flugzeug trifft, aber es stimmt. Schmerlos ist daran sicherlich nichts. Die meisten werden mit Glück beim Einschuss aber noch ohnmächtig, bevor die diese paar Sekunden der Todesqualen noch auch sich nehmen werden.
Allerdings wird in einer solchen Situation wohl kaum Zeit sein sich gedanklich darin zu vertiefen, sondern wird sich im Nachhinein erst dessen bewusst.
Egal für was man sich hier entscheidet. Es wird eklig. Ich will nicht im Flugzeug stecken, und ich will nicht im Stadion sein.
Ich will auch nicht derjenige sein der die Leute kennt, oder der Pilot der das Flugzeug abschießt.
Als Passagier der eine Geisel des IS ist, weiß ich aber: Ich komme hier nicht mehr lebend raus.
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23.10.2016, 18:06 #52Krankfried
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23.10.2016, 18:14 #53HardAndSoft
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23.10.2016, 18:20 #54Krankfried
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23.10.2016, 18:27 #55HardAndSoft
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23.10.2016, 18:30 #56Krankfried
AW: Das Terrordilemma
Ja, mein Argument besteht in numerischen Vergleichen. Wenn bei einem Autounfall eine Person stirbt, ist das eben so und kommt auf unseren Straßen leider hunderte Male im Jahr vor, bei dutzenden Toten ist es eine Tragödie. Man braucht nicht so tun, als ob das numerische Verhältnis da keine Rolle spielt.
Vielleicht haben mich die letzten zwei Jahre da zum Zyniker gemacht, aber das ist nun einmal mein Standpunkt. Und, um da die Parallele zum aktuellen Fall herzustellen, ist das, wie wenn ein Arzt im Triagefall eine blaue Plakette (Kategorie IV, keine Behandlungspriorität) ausstellt und sich um die kümmert, bei denen noch Hoffnung besteht - mit dem kleinen Unterschied natürlich, dass das gesetzlich gedeckt ist.
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23.10.2016, 18:31 #57frable
AW: Das Terrordilemma
Übrigens, dass Grundgesetz sowie andere Gesetze sollen durchaus auch einschränkenden Charakter haben. Das ist der Sinn dahinter, damit der Staat oder auch das Individuum eben nicht machen kann was er will! Manches soll ja ganz bewusst blockiert werden, so auch die Folter o.ä. durch den Staat. Dazu gehört dann eben auch so ein Fall, auch wenn es in diesem Punkt vielleicht nicht 'richtig' erscheinen mag. Man bedenke das alles zusammen hängt.
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23.10.2016, 18:51 #58HardAndSoft
AW: Das Terrordilemma
Ich kann Dir hier überhaupt nicht folgen, was ein Unfall mit einer gezielten Tötung zu tun hat.
Vergleichst Du allen Ernstes die gezielte Tötung von unschuldigen Menschen mit einer ärztlichen Beurteilung, wie schwer jemand verletzt ist?
Oder versuchst Du bei den Opfern der Tötung ein "selbst schuld, shit happens" herbeizureden?
Ich denke, die gesamte Diskussion rührt einzig daher, weil es heutzutage so einfach ist, per Knopfdruck viele Menschenleben auszulöschen. Man muss das Leid der Getöteten nicht sehen, muss ihnen nicht in die Augen schauen wenn das Leben langsam aus ihnen schwindet.
Aus diesem Thread wurde mir klar: Die meisten würden nicht zögern, 250 Leute mit einer Luft-Luft-Rakete zu töten. Wenn man ihnen nur erzählen würde, es sei für einen guten Zweck.
Wie sieht es aber aus, wenn man die 250 Personen erschießen müsste?
Erschlagen?
Vergasen?
Erwürgen?
Ertränken?
Verbrennen?
Für die getöteten ändert die Todesart nicht das geringste.
Aber für uns - wir machen uns erst dann wirklich Gedanken um andere, wenn wir das Leid sehen müssen, das wir anrichten.
Objektiv bleibt es dasselbe Leid; ob wir es sehen oder nicht.
Also: Es ist und bleibt rechtlich und moralisch verwerflich.
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23.10.2016, 19:11 #59Krankfried
AW: Das Terrordilemma
Zu zweitens, ja, shit happens. Wenn ein halbstarker Jugendlicher mit seinem superkrassen BMW unvorsichtig fährt, an einer Kreuzung einen Van abschießt, in dem gerade ein dreifacher Familienvater mit seiner Gattin nach Hause fährt und drei Kinder im Volksschulalter dadurch zu Vollwaisen macht, ist das eben so, das kann man nicht mehr ändern. Sicherlich besteht die Möglichkeit, in Prävention zu investieren, mehr verpflichtende Ausbildung einzuführen, psychologische Gespräche, was weiß denn ich. Umgekehrt gibt es heute an Flughäfen beinahe wasserdichte Vorkehrungen, aber findige Halunken, die etwas durchschmuggeln, kann man natürlich nie ganz ausschließen.
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23.10.2016, 19:28 #60HardAndSoft
AW: Das Terrordilemma
Du weißt aber schon, dass das Grundgesetz (und somit auch Art. 1) erst Mal nur den Staat und seine Behörden bindet? Daher ist der Kampfpilot als Teil der Exekutive an das Grundgesetz unmittelbar gebunden. Der Arzt hingegen nicht.
Damit wäre es beispielsweise auch kein Problem der Menschenwürde, wenn ein Stadionbesucher zufällig eine Bazooka dabei hätte, mit der er das Flugzeug abschießt. Das wäre ein rein strafrechtliches Problem, bei dem es tatsächlich auf entschuldigenden Notstand rauslaufen könnte (mal abgesehen davon, dass die Bazooka eventuell rechtswidrig mitgeführt würde).
Und zwischen absichtlicher Tötung im Dienst (Pilot) und ärztlicher Beurteilung liegen schon ein paar kleine Unterschiede.
Und bei einem Unfall gibt es im Regelfall keinen, der willentlich über Leben und Tod entscheidet (wenn man mal Selbstmörder außer Acht lässt). Schlimmer hinken kann ein Vergleich kaum.
Mal schauen, was man sich unter "ernstem Ton" vorstellen kann. Ich hoffe es wird kein düsterer Film wie Man of Steel, würde mir einen...
Superman Legacy