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Ehrlich gesagt fällt es mir sehr schwer "The Walking Dead" eine einheitliche Wertung zu geben. Hier wechseln sich spannende Handlungsstränge und eindrucksvolle Szenen mit dramaturgisch stark fragwürdigen Wendungen und dämlichen Handlungen der Protagonisten ab. Auch das Muster, nach dem die Serie verfährt, ist leider sehr vorhersehbar: Die Gruppe der Überlebenden erreicht stets einen bestimmten Ort, trifft dabei ggf. auf eine andere Gruppe und wiegt sich in Sicherheit, nur um recht schnell festzustellen, dass die neuen Bekanntschaften doch nicht so nett sind bzw. die Zuflucht als solche nicht praktikabel ist. Erst Hershel's Farm, dann Woodbury, dann das Gefängnis, dann Terminus, jetzt Alexandria. Zudem werden neue Charaktere oftmals nur eingeführt um ein paar Folgen später wieder zu sterben. Klar, es wäre schon etwas seltsam, wenn in der dargestellten Welt stets alle Personen überleben würden, aber die Auswahl und Art der Todesfälle ist oftmals nicht so wirklich sinnvoll gewählt.
Zu Beginn fand ich die Serie richtig klasse. Rick musste sich erst in der neu geordneten Welt orientieren und hat ihre grundsätzlichen Probleme kennen gelernt. Gut, es war nun wirklich etwas einfach, dass er - einmal abgesehen von Morgan - in der ersten Gruppe, die ihm begegnet, seine Frau, seinen Sohn UND seinen besten Freund wiederfindet, aber darüber kann man dann schon mal hinwegsehen. In der frühen Phase der Serie wurde auch noch enorm viel Wert auf die Moral und das Gewissen der Protagonisten gelegt. Es musste stets abgewogen werden wo Hilfeleistungen möglich waren (z.B. bei der Szene mit Merle (der übrigens ein sehr interessanter Charakter war) auf dem Dach) und Verluste haben die Ursprungsgruppe noch sehr stark getroffen - mittlerweile werden sie praktisch als alltäglich hingenommen. Erstmals abgeflacht ist die Handlung dann als die Gruppe Hershel's Farm erreichte. Zu dem Zeitpunkt drehte sich fast alles nur um die Geschichte mit Rick, Shane und Lori, deren Ausgang nun wirklich von vornherein absehbar war. Und wie kann man überhaupt auf die Idee kommen eine Farm verteidigen zu wollen? Viel schwieriger geht es doch kaum.
Mit der Einführung von Woodbury wurde es dann wieder deutlich interessanter, was natürlich maßgeblich an der Person des Governors lag. Mit seiner zunächst eher subtilen und später extrem psychopathischen Art war er ein würdiger Gegenspieler für Ricks Gruppe. Ich mochte auch die späteren Folgen, die sich komplett auf den Governor konzentrierten. Man hätte ja tatsächlich beinahe denken können, dass er nach den Woodbury-Ereignissen geläutert wäre - leider hat man die Eskalation mit der Gruppe im Gefängnis und folglich sein Ableben dann etwas zu stark forciert. Thematisch hätte sich da bestimmt noch mehr herausholen lassen können. Die zweite Hälfte der vierten Staffel war dann nämlich wieder ganz extrem langweilig, einzig die Folge mit den beiden kleinen Mädchen war noch recht gut, ansonsten geschah ja so ungefähr gar nichts.
Folglich konnte ich mich nur schwer motivieren überhaupt noch in die fünfte Staffel reinzuschauen und zunächst hatte ich auch das Gefühl, dass ich das besser gelassen hätte. Die gesamte Terminus-Storyline war doch komplett sinnlos. Es gab keinen anständigen Gegenspieler, die Gruppe war nur kurzzeitig in einer unterlegenen Position, niemand von Terminus ist zur Gruppe hinzugestoßen, niemand aus der Gruppe ist gestorben (es sei denn man zählt Bob als Folge davon) und kein Charakter hat sich durch irgendwelche krassen Aktionen irgendwie entwickelt. Man hätte die gesamte Episode auch komplett auslassen und trotzdem zum aktuellen Punkt der Handlung gelangen können. Dabei war der Kannibalismus-Ansatz doch durchaus vielversprechend...
Dann war da noch die Storyline von Beth. Ganz ehrlich, gerade nach der Zeit im Gefängnis mochte ich Beth schon ziemlich gern, habe ihr auch eine sehr positive Charakterentwicklung zugetraut und mich sehr auf ihre personalisierten Folgen gefreut. Aber was daraus gemacht wurde, war einfach nur traurig. Und halt auch so unglaublich sinnlos. Man investierte mehrere Folgen um Beth zu entwickeln (in die komplett falsche Richtung) und lässt sie dann am Ende auch noch sterben? Nichtmal George R. R. Martin wäre auf sowas gekommen. Und was hatte die Gruppe von der Krankenhaus-Story? Sie hat Noah bekommen, den wohl sinnlosesten Charakter überhaupt (und ihn ein paar Folgen später wieder verloren). Stark.
Und wenn man denkt, die Serie hätte ihren Tiefpunkt erreicht, wird man natürlich direkt eines Besseren belehrt. Was sollte die Folge mit Tyreese? Warum lässt man ihn völlig storyunabhängig auf eine so bescheuerte Art und Weise sterben? Der Verlust ist zwar sicherlich zu verkraften, aber das wirkte auf mich eher so, dass sich die Produzenten nicht mit dem Darsteller auf einen Vertrag für Staffel sechs einigen konnten und ihn deshalb irgendwie herausschreiben mussten. Das war damals bei Andrea übrigens genauso.
Umso überraschter war ich von der immensen Steigerung im weiteren Verlauf der Staffel. Erstmals schienen Hunger und Durst ein echtes Problem für die Überlebenden darzustellen und die Alexandria-Storyline ist bisher eigentlich die interessanteste überhaupt. Bisher hatte Ricks Gruppe immer die Rolle der Guten eingenommen und gegen ebenfalls wehrhafte Gegner gekämpft, doch diesmal sind sie euf eine eigentlich total harmlose, schwache Gesellschaft getroffen, die ihnen ausnahmsweise mal nicht schaden will. Die Herausforderung besteht erstmals darin sich nach der langen Zeit permanenter Gefahr wieder in eine Gesellschaft zu integrieren bzw. dieser zu vermitteln wie gefährlich es außerhalb der Mauern tatsächlich ist. Ich bin nun tatsächlich erstmals seit langer Zeit wieder gespannt darauf wie es weitergeht.
Zu den Charakteren:
Rick fand ich anfangs als Hauptcharakter eigentlich richtig gut. Das hat sich mit der Zeit, insbesondere im Rahmen der Shane/Lori-Geschichte allerdings ziemlich geändert. Insbesondere Emo-Rick, der im Gefängnis keine Waffe mehr anfassen und sich nur noch um seinen Kräutergarten kümmern wollte, war wirklich schwer zu ertragen. Nachdem er diese Phase überwunden hatte, wurde er allerdings schlagartig viel interessanter. Mittlerweile hat er sich innerlich so weit von der Zivilisation entfernt, dass die Hemmschwelle jemanden zu töten praktisch kaum noch vorhanden ist. Ja, okay...Pete schlägt seine Frau - aber in welcher Dimension muss man ihn deswegen gleich umbringen? Ricks persönliches Interesse an Jessie, das seine Entscheidung sicherlich maßgeblich beeinflusst hat, lässt erwarten, dass er in Zukunft nicht mehr klar als guter Charakter gesehen werden kann.
Carl hat zuletzt auch eine positive Entwicklung genommen. Nachdem er über weite Teile der Serie einfach nur lästig und nervig war, hat er jetzt durch das Mädchen - mir ist der Name gerade entfallen - endlich mal einen Anspielpartner auf Augenhöhe. Das kann ihm eigentlich nur gut tun, gerade weil er wohl so ziemlich der einzige Charakter ist, dessen Überleben bis zum Serienende doch recht sicher zu sein scheint.
Für Maggie verliere ich hingegen langsam das Verständnis. Erst ging es für sie eine Ewigkeit lang nur um Glenn, sodass man fast vergessen konnte, dass sie auch noch eine Schwester und einen Vater in der Gruppe hatte (außer natürlich beim obligatorischen Heulanfall nach deren Ableben) und jetzt, wo sie in Ruhe Zeit mit Glenn verbingen könnte, sieht man die beiden fast gar nicht mehr zusammen. Stattdessen ist das Farm-Mädchen auf einmal eine angehende Politikerin!? Irgendwie hängt sie doch ziemlich in der Luft - gut möglich, dass sie die nächste Staffel nicht mehr überlebt. Bei Glenn fiel es mir anfangs schwer ihn als vollwertiges Gruppenmitglied zu akzeptieren, aber mittlerweile zählt er sicherlich zu den wehrhaftesten und wichtigsten Protragonisten.
Der heimliche Star der fünften Staffel ist für mich Sasha. Sie hat sich in den letzten Folgen von einer langweligen Mitläuferin zu einem sehr spannenden Charakter mit klar überdurchschnittlichen Fähigkeiten entwickelt. Es bleibt zu hoffen, dass sie auch wieder zur Besinnung kommt und auch in der Praxis ein wichtiges Gruppenmitglied wird, anstatt sich irgendwann durch eine dämliche Aktion selbst umzubringen. Die exakt gegenläufige Entwicklung habe ich bei Michonne festgestellt. Die stille, einsame Samurai-Lady, die sich Haustier-Zombies gehalten hat, hat also nun ihr Schwert im wahrsten Sinne des Wortes an den Nagel gehängt, sich eine Polizei-Uniform angezogen und findet Gesellschaft auf einmal voll klasse. Ja gut ähhh....
Abraham, Rosita und Eugene mag ich eigentlich alle recht gern. Anfangs war ich durchaus skeptisch, ob die drei tatsächlich zur bestehenden Gruppe passen, aber mittlerweile möchte ich eigentlich keinen von ihnen entbehren - auch wenn sie zuletzt etwas kurz gekommen sind. Taras Rolle ist dagegen etwas schwer einzuschätzen...eigentlich ist sie mehr oder weniger nur dabei ohne großartig aufzufallen. Scheinbar haben die Autoren aber noch irgendwas mit ihr vor, sonst wäre sie wohl kaum bei zwei Ausflügen hintereinander gerettet worden. Mal abwarten.
Father Gabriels Handlungen verstehe ich irgendwie so überhaupt nicht. Erst lässt er sich von Ricks Gruppe retten und reist mit ihnen, dann will er sie aus Alexandria vertreiben. Er redet die ganze Zeit nur über Gott, zerreisst aber seine Bibeln. Anscheinend hat er irgendwelchen Leuten die Hilfeleistung verweigert und hat deswegen Gewissenbisse. Mal will er sich umbringen, mal will er scheinbar, dass die Zombies alle anderen umbringen. Extrem seltsamer Typ. Und er ist permanent so unruhig, dass man selbst beim zuschauen auch ganz hibbelig wird.
Der unsympathischste Charakter der Serie ist aus meiner Sicht Carol. Ich konnte sie schon am Anfang nicht wirklich leiden und mit der Zeit hat sich ihr Moralverständnis doch etwas sehr weit von der Norm entfernt (siehe z.B. ihre Handlungen im Gefängnis). Auch ihr Umgang mit dem kleinen Jungen, der ihre Kekse essen will, ist schon mehr als nur grenzwertig. Schlussendlich ist die Eskalation in Alexandria ohnehin ganz allein auf Carol zurückzuführen. Klar, für den Zuschauer ist dieser Verlauf natürlich sehr spannend, aber für die Einwohner dort ist das doch einfach alles sehr unnötig gewesen. Ihr Lieblingshobby scheint ja mittlerweile die Manipulation von Rick zu sein. Rick, wir müssen unbedingt Waffen stehlen! Rick, bring doch mal eben Pete um! Ehrlich gesagt warte ich bereits seit einigen Staffeln darauf, dass sich mal irgendein Zombie erbarmt ein wenig an ihrem Bein herumzuknabbern...
Zu guter letzt bliebe dann noch Daryl, der seit seinem ersten Auftritt mein Liebling ist. Das liegt einerseits daran, dass ich am Tag zuvor erst mal wieder "Boondock Saints" gesehen hatte und daraufhin hocherfreut war als der gleiche Schauspieler plötzlich bei TWD aufgetaucht ist, andererseits aber auch an Daryls charakterlichen Eigenheiten und natürlich seinem Crossbow <3 Eine großartige Entwicklung hat Daryl eigentlich nicht hinter sich, aber die braucht er in seiner Rolle auch nicht zwingend um weiterhin cool zu sein!
Wir haben zumindest keinen Trainer des Kalibers Klopp rausgebracht. Wobei er in Mainz ja schon Erfolg hatte. Aber ich denke, niemand konnte ahnen,...
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