Thema: Bezug zur Realität verlieren?

Unregistriert

Oh mein Gott, endlich lese ich etwas was ich genauso empfinde ! Ich bin 16 und mir geht es genauso mittlerweile! Den ganzen Tag mache ich irgendwas aber ich bin bei allem so gleichgültig und habe das Gefühl das das alles nicht wirklich passiert sondern ein Film oder ein Traum ist. Und ich brauche lange bis ich mich an den Vortag erinnern kann oder so. Ist das bei dir auch so?!
Oha.


Ich hoffe du antwortest, ich gebe dir gerne meine Facebook Daten oder so haha, ich bin einfach froh dass mich jemand versteht!

Merkwürdiges Gefühl so etwas zu lesen, wenn man ca. ein halbes Jahr nicht mehr angemeldet war und nur aus mal Neugierde reinblickt.

Ich kann nicht einschätzen, ob es sich wirklich um das gleiche Gefühl handelt. Ich machte damals eine Form der Depersonalisation durch, wobei ich mir dessen erst ein Jahr später wirklich bewusst wurde, weil dann eine emotionale Taubheit einsetzte. Auslöser der ganzen Geschichte waren mehrere traumatische Erlebnisse, die ich während meiner Jugend bewusst und unbewusst verdrängt hatte. Das Gefühl war nie wirklich statisch und greifbar, sondern veränderte sich mit der Zeit. Es gab mehrere Phasen (z.B. die erwähnte emotionale Taubheit) und Ausprägungen mit denen ich zu kämpfen hatte. Das Problem habe ich erst in den Griff bekommen, als ich es wirklich als Problem erkannt hatte und aktiv etwas dagegen machte. Einerseits stellte ich mich geistig und real meinen traumatischen Erlebnissen. Andererseits unternahm ich Sachen, die ich ansonsten nicht tun würde, um meinen Alltag zu verändern und mich besser zu fühlen. Ich empfehle mal mit einem Psychologen zu sprechen, der sich im DP/DR-Themengebiet auskennt und ihm mal deine Situation zu beschreiben. Das wäre meiner Ansicht nach der schnellste Weg, um wieder "sich selbst" und im "hier" zu sein. Ansonsten würde ich die Zeit möglichst sinnvoll nutzen mit z.B. Lernen, Sport, Freunde und einfach Draussensein, um die Wohlfühlzone (meistens zuhause) zu erweitern. Dahinter steckt die Logik, dass es dir irgendwann hoffentlich wieder besser geht und du dann die Zeit geniessen kannst, weil du die "schlechten" Zeiten sinnvoll genutzt hast.

Falls Fragen bestehen oder deine Situation anders aussieht, kannst du gerne antworten. Kann dir aber nicht versichern wann ich wieder schreibe. Werde die nächsten paar Wochen mal wieder reinblicken.

Mich würde es Intressieren wie du das denn alles im Griff bekommen hast und wie es dir geht.

Sandokan

Mich würde es Intressieren wie du das denn alles im Griff bekommen hast und wie es dir geht.

Das Problem war, dass ich meine Erlebnisse ausgeblendet hatte und in der Öffentlichkeit eine Maske aufsetzte, um "normal" weiterleben zu können. Ich musste mir Zeit nehmen, um über mich, mein Leben und meine Zukunft nachzudenken und die Erlebnisse psychisch zu verarbeiten. Ich weiss nicht, ob ich mich erst so wirklich kennenlernte oder mich neuerfand, aber ich wusste fortan was ich im Leben erreichen wollte. Ich wollte meine kurze Zeit auf dieser Welt nicht mit Trauer und Kummer verschwenden, sondern mich der schönen Seite des Lebens zuwidmen. Meine emotionale Taubheit nutzte ich zu meinem Vorteil, indem ich lernte meine Situation objektiv zu betrachten und mich nicht auf meine Gefühle zu verlassen. Meine Lebenseinstellung veränderte sich dadurch ausschlaggebend, weil ich lernte vermeintlich Wichtiges als triviale Nebensachen zu identifizieren und mich auf wirklich Wichtiges zu konzentrieren. Rückblickend betrachtet war ich psychisch einfach nicht vorbereitet. Ich erkannte nicht, was für schlimme Sachen auf der Welt passieren und dass dies alles Teil des natürlichen Lebens ist. Ich widersetzte mich schlichtweg der gesellschaftlichen Regel, mich nach einem traumatischen Erlebnis einer Opferrolle zu fügen. Objektiv betrachtet macht es nämlich überhaupt kein Sinn, dass ein Individuum mit Trauer Zeit verschwendet. Man sollte aus der Erfahrung einfach so viel wie möglich lernen und sich wieder auf seinen Weg begeben.

Ich würde sagen, dass ich momentan fast schon in einer zu stabilen Lage bin. Mich überkommt oftmals das Gefühl, dass meine geistliche Reife meinem Alter weit voraus ist. Dies merke ich im Alltag, wenn ich sehe wie wenig Menschen sich wirklich Gedanken über ihr Leben machen und wie naiv ihre "Probleme" sind.

Ja ich denke das du dann wirklich einen guten Weg gefunden hast. Trauer ist aber nur Zeitverschwendung wenn man sich daran festhält.