Ergebnis 1 bis 4 von 4
Thema: Verblendung - Stieg Larsson
-
12.10.2009, 14:12 #1Raul Endymion
Verblendung - Stieg Larsson
Inhalt:
Was geschah mit Harriet Vanger? Während eines Familientreffens spurlos verschwunden, bleibt ihr Schicksal jahrzehntelang ungeklärt. Bis der Journalist Mikael Blomkvist und die Ermittlerin Lisbeth Salander recherchieren.
Was sie zutage fördern, lässt alle Beteiligten wünschen, sie hätten sich nie mit diesem Fall beschäftigt. An seinem 82. Geburtstag erhält der einflussreiche Industrielle Henrik Vanger per Post anonym ein Geschenk. Das Paket enthält eine gepresste Blüte hinter Glas, genau wie in den 43 Jahren zuvor. Vangers Lieblingsnichte Harriet hatte ihm 1958 zum ersten Mal dieses Geschenk gemacht, doch dann verschwand sie spurlos. Ihr Leichnam wurde nie gefunden. In einer letzten Anstrengung beschließt Vanger herauszufinden, was dem geliebten Mädchen tatsächlich zustieß. Er engagiert den Journalisten Mikael Blomkvist, der, getarnt als Biograf, bald auf erste Spuren stößt. Unterstützt wird er von der jungen Ermittlerin Lisbeth Salander, einem virtuosen Computergenie mit messerscharfem Verstand. Je tiefer Blomkvist und Salander in der Vangerschen Familiengeschichte graben, desto grauenvoller sind ihre Enthüllungen.
Zum Buch:
Mikael Blomkvist, seines Zeichens Wirtschaftsjournalist und Herausgeber der Zeitschrift "Millenium" macht in der Öffentlichkeit und vor Gericht von sich reden. Sein Enthüllungsartikel über die Machenschaften des Großindustriellen Wennerström entpuppt sich vor Gericht als nicht haltbar. Was ist passiert? Mikael Blomkvist wird verurteilt und dies bringt ihn selbst und seine Zeitschrift in arge Bedrängnis.Während all dieses Chaos bekommt Mikael einen Anruf eines Anwalts der ihm ein Angebot seines Auftraggebers unterbreitet. Der ältere Patriarch und ehemaliger Großindustrielle des Weltbekannten Vanger-Konzerns, Henrik Vanger, bittet Mikael um Hilfe in einer besonderen Angelegenheit. Mikael soll im Auftrag von Henrik Vanger einen Vorfall untersuchen der sich schon vor 37 Jahren ereignet hat. 1966 verschwand während einer Familienfeier seine Nichte Harriet Vanger spurlos. Die Polizei hatte fieberhaft nach Spuren gesucht, sämtliche verdächtige Personen intensiv befragt und jahrelang ermittelt, jedoch ohne Ergebnis. Henrik Vanger ist davon überzeugt, dass Harriet an diesem Tag ermordet wurde und ihr Mörder unter den Mitgliedern der Familie Vanger zu suchen ist, die sich damals alle auf dem Familiensitz auf der Insel Hedeby eingefunden hatten.
Um seine Theorie zu unterstreichen berichtet Henrik Vanger Michael Blomkvist von einem seltsamen Ereigniss. Jedes Jahr zu seinem Geburtstag erhält Henrik Vanger einen Bilderrahmen mit einer gepressten Blume. Genau das Geschenk dass Harriet ihm jedes Jahr vor ihrem Verschwinden gemacht hatte.
Mikael soll nun alle Fakten des damaligen Ereignisses nochmal aufrollen und sehen ob irgendetwas damals übersehen wurde. Um Mikael zu Überzeugen den Auftrag anzunehmen, bietet Henrik Vanger ihm Informationen über den Industriellen Wennerström an, die diesen öffentlich vernichten könnten.
Zeitgleich wird die Ermittlerin einer Security Firma, Lisbeth Salander, ebenfalls auf die Geschichte der Familie Vanger aufmerksam. Zuvor war sie im Auftrag von Henrik Vanger mit der Durchleuchtung von Mikael Blomkvist beauftragt. Lisbeth Salander ist ein verschlossener Mensch der aufgrund schrecklicher Ereignisse in ihrer Vergangenheit kaum soziale Kontakte pflegt und nur vor ihrem Computer in ihrem Element ist.
Ehe die Beiden es sich versehen, stoßen sie jedoch auf Unmengen von schmutzigen Geheimnissen die die Familie Vanger seit Jahren durchziehen. In der großen Familie, wimmelt es nur so von kaltherzigen, egoistischen und machtbesessenen Menschen. Kaum jemand scheint eine saubere Weste zu besitzen.
Doch dann stoßen die beiden zusammen auf eine Spur die sich als wahres Grauen entpuppt.
Stieg Larsson hat mit "Verblendung" den Auftakt einer Krimi-Serie erschaffen, die aufgrund seines frühen Todes im Jahr 2004 zu besonderer Berühmtheit gelangt ist. Leider hat Larsson die Veröffentlichung seiner Romane selbst überhaupt nicht mehr miterlebt. Es war wohl eine längere Serie mit dem Ermittlerduo Blomkvist/Salander geplant, aber dazu ist es ja leider nicht mehr gekommen. Nur 3 Romane wurde jetzt posthum veröffentlicht.
Larsson hinterlässt der Leserschaft mit "Verblendung" besonderen Krimi, der sich stilistisch mit anderen Krimis aus Skandiavien vergleichen lässt. Die Charaktere in diesem Buch sind alle mit einer sehr eigenen Persönlichkeit gesegnet. Jeder hat eine Art von dunklem Geheimnis oder einer düsteren Vergangenheit. Vor allem auffallend fröhliche Charaktere wird man in diesem Werk nicht finden. Jeder einzelne Charakter zeichnet sich durch eine ausführliche Ausarbeitung seines Background aus. Larsson hat hier nichts dem Zufall überlassen und sehr viel Arbeit in die einzelnen Charaktere (Vor allem die Hauptcharaktere) gelegt. Dies erzeugt ein authentisches Bild einer düsteren Gesellschaft mit vielschichtigen Individuen. Und gerade mit dem Ermittlerduo Blomkvist/Salander ist Stieg Larsson ein großer Wurf gelungen. Die beiden sind keineswegs glatte und schöngezeichnete Charaktere die irgendwelchen Idealen entsprechen. Eher das Gegenteil. Beide haben viele Ecken und Kanten und auch viele persönliche Eigenheiten, aber gerade das lässt die beiden sehr glaubwürdig erscheinen.
Den Aufbau des Romans gestalltet Larsson sehr ruhig, nüchtern und sachlich. Über die ersten 200-300 Seiten werden im Grunde nur die grundsteine für die eigentliche Geschichte gelegt. Rein objektiv betrachtet passiert gar nicht viel, jedoch schwebt währendessen schon andauernd ein beunruhigendes Gefühl im Hintergrund mit, dass den Leser doch schwer an das Buch fesselt. Es ist schwer zu erklären; obwohl eigentlich nicht wirklich etwas "passierte" verfing ich mich immer mehr in der sich langsam aufbauenden, bedrohlichen Stimmung und der Frage nach dem Schicksal von Harriet Vanger. Eigentlich muss man hier vor Sieg Larsson schon den Hut ziehen, denn er versteht es prächtig den Leser bei der Stange zu halten. Auch die wirklich sehr komplexe und trotzdem schlüssig ausgearbeitete Geschichte über einen großen Familienclan voller Zwietracht und dunkler Machenschaften verdient Anerkennung. Beginnt das Buch noch als klassischer Krimi mit den typischen Stilmitteln wie "Mord auf einer Insel", "undurchschaubarer Familienclan", typischen Recherchen und Nachforschungen, so wandelt sich dies später noch zu einem waschechten Thriller der doch allzu Schreckliches zu Tage fördert. Larsson verfällt hier jedoch nicht in irgendwelche Metzel-Orgien. Der Schrecken ist größtenteils eher psychologischer Natur. Physisch wird es nur selten, dann aber ordentlich.
Der wohl zentralste Begriff des Romans ist die Frage der "Schuld".
Macht sich nur der Täter schuldig, oder auch die die von einem Verbrechen wussten und schwiegen?
Wie schwer wiegt die Schuld, wenn die eigentliche Tat schon lange verjährt ist?
Macht man sich als Mitwisser schuldig, wenn man mit seinem Schweigen viele andere vor einem großen Verlust bewahrt?
Wird man selbst zum Mittäter wenn man mit seinem Schweigen andere Unschuldige schützen möchte?
Wie man schon sieht gibt es hier keine klare und strike Schwarz/Weiß Trennung. Kaum jemand kann sich mit dem Prädikat der absoluten Unschuldigkeit schmücken, aber gerade diese Vielschichtigkeit und das geschickte Spiel mit diesem Dilemma machen diesen Roman auch so interessant und ein wenig anders.
So, nach all den Lobeshymnen muss ich jetzt aber auch noch ein wenig Kritik loswerden.
Ein klein wenig unpassend empfand ich den Fakt, dass die Auflösung der Krimi/Thriller Geschichte schon ~100 Seiten vor dem Ende abgehandelt war. Der Rest widmet sich dann noch der Abhandlung der Eingangsgeschichte zwischen Blomkvist und dem Industriellen Wennerström. Nach der Auflösung der Ereignisse um das Verschwinden von Harriet Vanger war einfach etwas "die Luft raus". Das war zwar ein netter Absschluss, hatte aber lange nicht die Qualität das noch 100 Seiten lang ausklingen zu lassen. Mir persönlich wäre da weniger mehr gewesen.
Aber ansonsten gibt es nicht viel zu meckern. Ein sehr guter, düsterer Krimi/Thriller mit zwei originellen Hauptpersonen. Hat mir gut gefallen und die zwei weiteren Romane mit Blomkvist und Salander werden von mir auf jeden Fall in Augenschein genommen.
-
-
27.12.2009, 15:37 #2Bibimaus
AW: Verblendung - Stieg Larsson
Eine großartige Rezension, zu einem großartigen Buch, Raul!
Ich habe "Verblendung" auch gelesen und denke ähnlich wie du! Auch mich hat das Buch unheimlich gefesselt und ich konnte es kaum aus der Hand legen!
Allerdings muss ich sagen, dass zwar jetzt vielleicht nicht direkt zu dem Fall so sehr viel passiert ist, wie du ja auch beschrieben hast, dafür aber durchaus eine ganze Menge, anderer Dinge. Larsson hat für mich ziemlich gut die anderen Charaktere durchleuchtet und gezeichnet - da hat er wie du ja sagtest ein Händchen für, was eben ganz besonders deutlich wird, bei den Hauptpersonen.
Ich finde allerdings, auch die Darstellung von Henrik Vanger, Dirch Frode und Martin Vanger ziemlich interressant und eben auch die ganze Familienkonstellation. Dazu kommten dann Mikaels Liebschaften und es gibt gerade was die zwischenmenschlichen Bindungen angeht immer wieder sehr viel zu rätseln. Ganz nebenbei taucht dann eben immer wieder diese Frage um Harriet auf und mit jedem Detail, auf das Mikael stößt, wird es nur spannender!
Ich muss sagen, was mich an diesem Buch wirklich begeistert hat, ist die Tatsache, dass einfach wirklich was ganz anderes heraus kommt, als man denkt. Also ich hätte die Geschichte um Harriet total anders eingeschätzt und die Lösung ist wirklich eine Überraschung! Das schaffen meiner Ansicht nach nicht viele Bücher!
Zu deiner Kritik... Ich finde nicht, dass der Schluss zu lang ist, weil eben das ganze Zwischenmenschliche auch noch irgendwie aufgelöst wird - also auch Details um Lisbeth, usw. Nur hätte man da vielleicht das ein oder andere nicht ganz so ausführlich machen müssen, da hast du schon Recht!
Naja, ich bin gespannt, was der zweite Teil so bringt!
Lg, Bibi
-
28.12.2009, 22:11 #3Nounour
AW: Verblendung - Stieg Larsson
Larsson wählt mit Lisbeth Salander einen wikrlich außergewöhnlichen Charakter, den er wirklich gut darstellen und beschreiben kann. Ich stelle es mir wirklich schwer vor so eine Person zu erfinden und diese so genau und detailliert zu beschreiben. Sie passt einfach in diese Geschichte.
Ich bin gerade dabei die Fortsetzung zu lesen und ich muss sagen, dass sie sogar noch mehr ins Detail geht und somit noch besser ist
-
28.12.2009, 23:10 #4sprinttom
AW: Verblendung - Stieg Larsson
Ich möchte mich einmal für die wirklich tollen Rezensionen hier in diesem Forum bedanken!
Hat mir bei der Auswahl schon sehr geholfen und meine Kaufentscheidungen erheblich beeinflusst.
Bin heute gerade mit der Lektüre des Buches angefangen (nachdem ich "Limit" nun, nach 500 Seiten Langeweile, beiseite gelegt habe)...
Nur ein kleines Lob, aber macht bitte weiter so!
Ähnliche Themen
-
Film Verblendung (2011)
Verblendung (2011): 119226 Kinostart: 12. Januar 2012 Regie: David Fincher Mit Daniel Craig, Rooney Mara, Christopher Plummer Genre: Krimi, Thriller Wirklich... -
Rezension Vergebung - Stieg Larsson
Vergebung - Stieg Larsson: http://img242.imageshack.us/img242/2849/51mu4rcynllsl500aa300.jpg Inhalt: Mit einer Kugel im Kopf wird Lisbeth Salander in die Notaufnahme... -
Stieg Larsson - Verblendung: Deutscher Titel: Verblendung Originaltitel: Män som hatar kvinnor Produktionsland: Schweden, Dänemark Deutschland, Norwegen Erscheinungsjahr:... -
Rezension Verdammnis - Stieg Larsson
Verdammnis - Stieg Larsson: http://www.forumla.de/bilder/2010/01/763.jpg Verdammnis - Stieg Larsson Klappentext: Ein ehrgeiziger junger Journalist bietet Mikael... -
Der Engländer, der auf einen Hügel stieg und von einem Berg herunterkam: Der Engländer, der auf einen Hügel stieg und von einem Berg herunterkam http://www.forumla.de/bilder/2007/06/945.jpg Titel: Der...
Lol, gegen wen den?
Zockerspiel CXXXVII